BIEC – Business Innovation Engineering Center
BIEC – Business Innovation Engineering Center
Das Business Innovation Engineering Center (BIEC) möchte kleine und mittlere Unternehmen in Baden-Württemberg bei ihren Digitalisierungsmaßnahmen unterstützen und so die Innovationsfähigkeit im Mittelstand steigern.

Ein entscheidender Faktor für die Produktivität von Anlagen ist z.B. die effiziente Vermeidung und Behandlung von Störfällen. Die Herausforderung liegt dabei in der großen Anzahl und Bandbreite möglicher Störfälle sowie der Ableitung von Lösungsstrategien und präventiven Maßnahmen.

Viele Störfälle können nur von besonders erfahrenen Bedienenden behoben werden. Der »Sensor Mensch« mit seiner Interpretationsfähigkeit, oder seiner Kreativität für unkonventionelle, spontane oder individuelle Lösungsansätze ist auch im digitalen Zeitalter immer noch unübertroffen. Erfahrene Mitarbeitende hören, ob ein Werkzeug abgenutzt oder falsch eingestellt ist. Sie können komplexe Aufgaben durch jahrelanges Training mit viel Fingerspitzengefühl im Zusammenspiel mit Maschinen fehlerfrei ausführen. Sie kennen »ihre Maschine« und wissen meistens, an was es hängt oder wo zuerst gesucht werden muss. Dieses eingespielte Tandem aus Mensch und Maschine ist das eigentliche Kapital der Digitalisierung: Die digitalen Tools und Methoden sind betriebswirtschaftlich nur so gut, wie der Mensch, der sie einsetzt – und umgekehrt können menschliche Tätigkeiten durch ihr passendes maschinelles Pendant erleichtert, effektiver gemacht und aufgewertet werden. Ein Weg, aus den Erfahrungen einzelner, bewährter Mitarbeitender Wissen und Mehrwert für das ganze Unternehmen zu generieren, ist die Integration der einzelnen Lösungen, beispielsweise über Wissensplattformen:

1 - Die Anlage steht. Zur Fehlerbehebung sucht der Mitarbeitende nach existierenden Meldungen aus anderen Schichten.
2 - Er findet eine passende Meldung, die ihn auf die Fehlerursache bringt und die Reparatur beschleunigt.
3 - Er verfasst schnell und einfach eine kleine Anleitung dazu.
4 - Die Anleitung stellt er in der Wissensplattform allen Teammitgliedern zur Verfügung.
5 - Für seine geteilte Anleitung bekommt er Anerkennung im Unternehmen. Das Wissen kann von allen genutzt werden, um den Fehler zukünftig schneller zu beheben oder ihn sogar zu vermeiden.

Wissensplattformen: Von der Bedienungsanleitung zur Lösungs-Community

Beim Getränkehersteller aus unserem Digitalisierungs-Fallbeispiel kann der Mitarbeitende, der einen Störfall erfolgreich behoben hat, seinen Lösungsweg bequem dokumentieren und beschreiben. In einem selbstlernenden System werden die Nutzereinträge und relevante Sensordaten gesammelt und konsolidiert. Diese Daten, Dokumentationen und Anleitungen werden zukünftig präventiv dazu genutzt, um einen Stillstand zu vermeiden. Tritt ein bekannter oder ähnlicher Störfall dennoch auf, dienen die nutzergenerierten Dokumentationen als Bedienhilfen für andere Mitarbeitende und werden ihnen als Hilfestellung an die Hand gegeben. Die Kollegen können die Anleitungen ergänzen oder sich dazu austauschen. Wissensplattformen sind jedoch weit mehr als lebendige digitale Bedienungsanleitungen: Kolleg*innen, die in unterschiedlichen Schichten arbeiten, können sich jetzt auch trotz des unterschiedlichen Arbeitsintervalls miteinander austauschen und voneinander lernen. Auch der Zusammenhalt und die Motivation kann durch diese Form der virtuellen Interaktion gefördert werden. Die Mitarbeitenden unseres Getränkeherstellers können sich beispielsweise für eine hilfreiche Anleitung bedanken. Die engagierten Mitarbeitenden bekommen so viel Anerkennung. Der Austausch zwischen den Mitarbeitenden, die Wissensweitergabe und kleine spielerische Mechanismen haben dazu geführt, dass sich die Kommunikation auch bereichsübergreifend verbessert hat und die Prozesse nun besser ineinandergreifen.

Erfahrung nutzen

Der Erfolg eines solchen Systems hängt maßgeblich von zwei Faktoren ab:

1. Zugang zu Informationen

Nutzer müssen die notwendigen Informationen schnell, unkompliziert und passgenau für ihre jeweilige Arbeitssituation finden können. Der wichtigste Faktor ist dabei der optimal gestaltete Zugang zu Informationen. Einem Nutzer im Falle eines Fehlers ein riesiges PDF anzubieten, in dem er die Information selbst finden muss, reicht nicht. Wie wäre es mit der richtigen Information zur richtigen Zeit, um den Mitarbeitenden zu entlasten, Fehler zu vermeiden und die Arbeiten zu beschleunigen?

2. Einbindung der Nutzenden

Das Wissen der Mitarbeitenden ist ein regelrechter Schatz. Um auf ihn zugreifen zu können, müssen die Mitarbeitenden ihre Informationen auf eine unkomplizierte Art und Weise mitteilen zu können. ABC-Folientastaturen oder komplizierte Formulare sind dabei alles andere als hilfreich. Innovative Bedienoberflächen, Abläufe und Korrekturmöglichkeiten verbessern Ihr System. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht den Funktionen folgen, sondern den Ablauf darstellen, den der Nutzende im Kopf hat und die passende Unterstützung durch Erklärung und Funktionen bieten. Sie sind intuitiv erfassbar, überlasten den Nutzenden nicht mit unnötigen Informationen. Mehr Motivation ist in den meisten Fällen gar nicht notwendig.

Verschiedene Forschungsprojekte haben gezeigt, dass Mitarbeitende eine große Bereitschaft zeigen, ihr Wissen im Team zu teilen. Der ausschlaggebende Punkt ist stets ein benutzerfreundliches System zur Pflege des Wissens oder zumindest zur Dokumentation von Störfällen. Geteiltes Wissen in einem gut zu bedienendem, logischem und einfachem System bringen das Team und jeden einzelnen Mitarbeitenden näher an eine gute Schicht. Mitarbeitende, die Maschinen oder automatisierte Anlagen bedienen, haben meistens das Ziel, Fehler zu beheben, wenn sie auftreten (was mit Stress verbunden ist), die Anlage zu pflegen, damit keine oder weniger Fehler passieren oder sie zu optimieren, damit z.B. die Qualität steigt. Helfen wir durch gutes Wissensmanagement und eine gut gelungene Mensch-Maschine-Interaktion, können sich die Mitarbeitenden in ihrer Komfortzone aufhalten, nämlich der Pflege und Optimierung, und verfallen nicht in Stress oder Langeweile.

Aus verschiedenen Projekten haben wir Erfahrungswerte und Regeln zusammengetragen, die in einem gemeinsamen Projekt eingesetzt werden können. Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen wird so aus Daten und Informationen echtes Wissen für mehr Sicherheit und als Basis für einen gesunden Wachstum.

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David Blank

Designer und Projektleiter am Fraunhofer IAO. Usability, User Experience, spannende Gestaltung und neue Technologien wie Augmented Reality begeistern ihn und bringen die nötige Magie ins Spiel. In seiner Freizeit ist er außerdem Mountainbiker und Fotograf. 42!

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Kategorien: Advanced Systems Engineering (ASE), Digitalisierung, Innovation, Mensch-Technik-Interaktion, New Work / Connected Work
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