Sie sind Teil einer der verfahrensten Kontroversen der letzten Jahre. Verleiher sprechen von Millionen ersetzten Autofahrten, die Bundesregierung lobt geräuscharmes und abgasfreies Fahren. Gegner wiederum kritisieren die zu hohen Emissionen. Auch wenn sie nicht lokal entstehen, so soll die Herstellung sowie das nächtliche Einsammeln der Scooter zum Laden die positiven Effekte mehr als zunichtemachen.

Insgesamt betrachtet sind die kleinen Flitzer so zwar umweltfreundlicher als das eigene Auto, verursachen aber mehr Emissionen als ein voll besetzter Dieselbus. Wenn man so durch die Stadt schlendert und beinahe von einem unvorsichtigen Scooter-Fahrer in die Böschung befördert wird, ist man schnell geneigt, sich auf Seite der Scooter-Gegner zu schlagen. Viele können allerdings auch bestätigen, dass die Fahrt mit solch einem Gerät schnell vom Gegenteil überzeugen kann. Festzuhalten ist aber sicherlich: Es gibt Argumente für und wider E-Scooter in deutschen Städten und die Auswirkungen der Nutzung müssen ganz genau betrachtet werden. Vor allem aber bedarf es guter Ideen, wie Scooter sinnvoll genutzt werden können. Im Projekt »Eco Fleet Services« geht es uns genau darum. Ziel ist es, gemeinsam mit der Stadt Heidelberg, ein betriebliches Mobilitätsmanagement zu etablieren, das alle Mobilitätsdienste verbindet. Zu den vorherrschenden städtischen Mobilitätsdiensten zählen, und das war auch schon vor einigen Jahrzehnten so, der öffentliche Nah- und Fernverkehr, Verbrennerfahrzeuge und Fahrräder. Die Elektromobilitätswende ermöglicht hier aber mittlerweile auch die Integration von Elektroautos, E-Bikes und seit kurzem: E-Scootern. Das Amt für Verkehrsmanagement der Stadt Heidelberg testet im Rahmen von »Eco Fleet Services« den sinnvollen Einsatz von zehn E-Scootern. Spaßfahrten, die auch häufig nachts und unter Alkoholeinfluss stattfinden und so häufig kritisiert werden, fallen hier weg und auch die Benutzung eines Helms lässt sich leicht durchsetzen. Da die Roller vom Amt selbst geladen werden, entfällt nicht nur das nächtliche Einsammeln zum Laden, sondern auch das Chaos beim Abstellen auf Gehwegen.

Auf ein sinnvolles Konzept kommt es an

Hauptsächlich sollen die Scooter durch den Gemeindevollzugsdienst genutzt werden. Mussten die Mitarbeiter*innen bisher mittlere Strecken mit dem Dienstwagen überbrücken und dann zu Fuß weitergehen, so können sie nun mit dem E-Scooter den Einsatzort direkt erreichen. Im Vergleich zum Fahrrad oder dem E-Bike entfällt das häufige Auf- und Absteigen und spart so viel Zeit und Mühe bei den regelmäßigen Patrouillen. Die Mitarbeiter*innen verwenden das im Projekt entwickelte Buchungssystem und reservieren sich einen verfügbaren Roller, den sie dann zur vereinbarten Zeit abholen und nutzen können. Vorteil des Buchungssystems ist außerdem, dass sich die allgemeine Akzeptanz der Scooter anhand der Nutzungsstatistik auswerten lässt. Weitere Anwendungsfelder werden wir in dieser Testphase erproben und auf ihre Wirksamkeit prüfen. Auch die tatsächlichen Einsparungen bei den Emissionen müssen natürlich betrachtet werden – vor allem, wenn die Scooter normale Fahrräder oder den Fußweg ersetzen. Immerhin: Der Verleiher TIER, der die E-Scooter zur Verfügung gestellt hat, ist seit Januar 2020 klimaneutral.

Stein des Anstoßes oder Wunderwaffe?

Ob die kleinen Elektroflitzer die Wunderwaffe im Kampf gegen Schadstoffemissionen im städtischen Bereich sind, darf wohl bezweifelt werden. Deutlich wird aber auch, dass der Beitrag solcher Geräte zu mehr Nachhaltigkeit vor allem durch die Anwendung bestimmt wird und damit die Erprobung sinnvoller Einsatzmöglichkeiten unerlässlich ist. Wir sind gespannt, welche Ergebnisse die Pilotphase bringt und wie das Urteil der Nutzer*innen ausfällt.

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Stefan Schick

Stefan Schick ist Projektleiter am Anwendungszentrum KEIM, dem Kompetenzzentrum für energetische und informationstechnische Mobilitätsschnittstellen. Dort arbeitet er an der Art, wie wir uns zukünftig fortbewegen. Seine Devise: Nicht meckern, lieber machen!

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Kategorien: Digitalisierung, Future Mobility, Stadtentwicklung
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