Wären Regionen aufgebaut wie Sonnensysteme, so wären die Großstädte wohl die Zentren, um die sich alles dreht. Und wie die Sonne scheinen auch die Städte heller zu strahlen als alles andere – sie sind Finanzzentren, Transport-Hubs oder bieten kulturelle Höhepunkte. Doch diese Aufmerksamkeit bringt auch Nachteile mit sich: Die immensen Immobilienpreise, fehlende Grünflächen, Lärm und Abgase sind nur einige Beispiele, die das Leben in der Stadt unattraktiv machen. Die Bevölkerung zieht deshalb immer weiter »aufs Land«. Der Arbeitsplatz bleibt allerdings im Zentrum. Enorme Verkehrsströme und Staus sind das Resultat. Doch es lassen sich auch andere Abhängigkeiten feststellen: Die Energiewende ist beispielsweise nur mithilfe des ländlichen Raums machbar! Solar- und Windparks brauchen Platz. Biogasanlagen müssen mit Rohstoffen gefüttert werden, die (fast immer) vom Land kommen. Der ehrfürchtige Blick vom Land in die Stadt kann also als Hochnäsigkeit der Städter interpretiert werden.

Die »Macher« sitzen selbst auf dem Land

Im Kontext des Wettbewerbsthemas »Innovationen querfeldein – Ländliche Räume neu gedacht« hat sich herausgestellt, dass das Land seine Lösungen eigenständig, initiativ und direkt vor Ort entwickelt. Schließlich wissen die Landbewohner selbst am besten, wo der Schuh drückt. Insgesamt 51 der 100 Siegerprojekte werden der Dimension »Entrepreneurship im ländlichen Raum« zugeordnet. Altbewährte Dienstleistungen und Angebote werden durch flexible und mobile Lösungen zukunftsfähig gemacht und somit am Leben erhalten. Dass die Initiatoren sich dabei an aktuellen Entwicklungen in unterschiedlichen Räumen wie zum Beispiel Car-Sharing-Angeboten in den Großstädten orientieren, ist selbstverständlich. Es wäre auch nicht zielführend, das Rad ständig neu zu erfinden.

Hallo, ich bin die Innovationsfreundlichkeit

Das bedeutet aber nicht, dass die Konzepte aus der Stadt per »copy and paste« einfach auf das Land übertragen werden. Was würde denn aus Deutschland, wenn die Strukturen in Stadt und Land identisch wären? Der gleiche Supermarkt stünde in jedem Dorf, inklusive Metzger und Bäcker von der Stange, die Angestellten liefen in denselben Uniformen umher. Dreispurige Straßen würden Gramzow in der Uckermark ebenso durchziehen wie München. Würde dadurch nicht ein Stück der hierzulande geschätzten Vielfältigkeit wegfallen? Gleichwertigkeit bedeutet eben nicht »gleich«! Und die Orientierung an der großen Stadt ist manchmal wirklich Quatsch. Wäre es nicht zielführend, wenn das Land Chancen hätte, seinen eigenen Entwicklungspfaden zu folgen? Moderne Formate der »lead user innovation«, wie z.B. »Reallabore«, »Fablabs« oder »hacker spaces« schaffen solche Entfaltungs- und Testräume im physischen und gedanklichen Sinne. Bisher befinden sich diese jedoch meist in Städten. Engagierte Vordenker und Ausprobierer gibt es allerdings auch auf dem Land – das beweist der Wettbewerb. Wo sind also »gleichwertige« Innovationsräume für die Landbevölkerung?

Einen weiteren Denkanstoß zum Thema »Soziales Miteinander auf dem Land« werde ich euch in der nächsten Woche mit auf den Weg geben.

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Kategorien: Nachhaltigkeit, Stadtentwicklung
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