Redaktion

Wie wollen wir leben? Bleibt alles anders? Einfache Antworten auf diese Fragen gibt es keine in dieser lauten und komplexen Welt. Das Jahr neigt sich langsam dem Ende zu und hinterlässt Spuren. Wir suchen immer noch händeringend nach Auswegen aus der anhaltenden Corona-Pandemie oder Möglichkeiten, damit zu leben. In der Gesellschaft sind wir trotz »physical distancing« an vielen Stellen näher zusammengerückt, sind in der Not erfinderisch geworden und neue Wege gegangen. Andererseits herrschen angesichts der anhaltenden Krisenlage Unsicherheit und Ängste, die in Verschwörungstheorien, Corona-Leugner*innen und einem politischen Rechtsruck sichtbar werden. Die Klimakrise wurde durch die Corona-Krise zwar ein wenig an den Rand gedrängt, doch ist nicht weniger existent als vorher. Die »Fridays for Future«-Bewegung in Deutschland setzt dabei ein eindrucksvolles Zeichen für ein neues Bewusstsein der Gesellschaft, unser Leben nachhaltiger zu gestalten.

All diese gesellschaftlichen Herausforderungen hat die ARD zum Anlass genommen, um vom 15. bis zum 21. November 2020 eine Themenwoche zu starten. Mit welchen Mitteln bekommen wir die Klimakrise noch in den Griff und welche Schlüsse ziehen wir aus der Corona-Pandemie für unser zukünftiges Zusammenleben? Diese Fragen stehen im Fokus der ARD-Themenwoche »#Wie leben. Bleibt alles anders.«. Wie viele Berührungsprunkte diese Themenwoche mit unseren Forschungsthemen hat und warum es so wichtig ist, gerade jetzt unsere Erkenntnisse und Lösungsansätze hervorzuheben, möchte ich in meinem Beitrag beleuchten. Hier sind 5 Ansätze, wie unsere Wissenschaftler*innen mit ihrer Forschung zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beitragen.

1. Grüner Wasserstoff als Schlüsseltechnologie

Um die weltweiten Klimaziele zu erreichen, braucht es innovative Lösungsansätze. Eine Schlüsselrolle kann dabei Wasserstoff spielen. Ob als Treibstoff für Fahrzeuge, für die Wärmeversorgung oder als Reduktionsmittel in der Stahlproduktion: Um die signifikanten Wertschöpfungspotenziale am Standort Deutschland zu halten oder auszubauen, müssen Wasserstofftechnologien intensiver erforscht und genutzt werden. Eine Wasserstoff-Infrastruktur aufzubauen und zu betreiben erfordert den Aufbau eines ganzheitlichen Ökosystems, in dem alle relevanten Akteure miteinander vernetzt sind, und eröffnet ein neues Spektrum für hochwertige unternehmensbezogene Dienstleistungen. Mit dem Forschungsprojekt »H2-Innovationslabor Heilbronn-Franken« erheben unsere Wissenschaftler*innen in unserer Außenstelle KODIS gemeinsam mit Partnern das Potenzial der Wasserstofftechnologien und schaffen eine Grundlage für die Umsetzung. Unsere Außenstelle »Center for Responsible Research and Innovation CERRI« in Berlin untersucht zudem gemeinsam mit den Bündnispartnern aus dem Landkreis Leipzig, welche neuen Wasserstoffanwendungen beispielsweise für unterschiedliche Verkehrsbetreiber, Betreiber von kommunalen Flotten wie Entsorgungsfahrzeuge sowie der Logistik regional einsetzbar sind. Die Rolle der Forschung ist es hier auch, die Akzeptanz von neuen Technologien durch die Einbindung von gesellschaftlichen Akteuren in Innovationsprozesse zu fördern.

2. Elektromobilität: Baustein einer klima- und umweltverträglichen Mobilität

Im Kampf gegen verkehrsbedingte Schadstoffemissionen ist auch die Elektromobilität ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Mobilität. Um alternativen Antriebstechnologien zum Durchbruch zu verhelfen, bedarf es jedoch verschiedener Grundvoraussetzungen: die Versorgung von Elektrofahrzeugen mit Strom und einen flächendeckenden Auf- und Ausbau von Ladeinfrastruktur, um fortwährend steigenden Ladebedarf zu decken. Dies stellt nicht nur eine große Herausforderung dar, der notwendige Ausbau von Ladeinfrastruktur könnte auch den entscheidenden Ausschlag für eine weitere positive Entwicklung der Elektromobilität bieten. Unsere Wissenschaftler*innen haben deshalb gemeinsam mit sechs weiteren Fraunhofer-Instituten das Verbundprojekt »LamA – Laden am Arbeitsplatz®« ins Leben gerufen, um eine umweltverträgliche Weiterentwicklung betrieblicher Mobilitätsoptionen und die Mobilität der Mitarbeitenden zu fördern. Mit dem Aufbau von Ladeinfrastruktur an 38 Fraunhofer-Instituten setzen wir auch Impulse für die betriebliche Nutzung von nachhaltigen Mobilitätskonzepten.

3. Betrieblicher Klimaschutz: Wandel zur Arbeitskultur der Zukunft

Den Klimaschutz in die Wirtschaft tragen – keine einfache Sache. Gerade die jetzige Krise zeigt jedoch wieder einmal deutlich, den umfassenden Zusammenhang zwischen ökologischen und ökonomischen Aspekten. Doch wie gelingt es, den Klimaschutz zum festen Bestandteil der Unternehmenskultur zu machen? Welche Vorteile bietet dieser überhaupt für die Unternehmen? Und wie kann die nachhaltige Zukunft in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) umgesetzt werden? Mit diesen Fragen beschäftigen sich unsere Wissenschaftler*innen in der interdisziplinären Arbeitsgruppe »Klima-Impact« und haben zudem eine Blogreihe zum betrieblichen Klimaschutz gestartet. Dabei werden die Herausforderungen, Fragezeichen und nicht zuletzt zukunftsweisende Chancen des klimabewussten Wirtschaftens in den Blick genommen und somit für Unternehmen und insbesondere KMU einen Anstoß zum Umdenken beziehungsweise Weiterdenken gegeben.

4. Neue Formen der Mobilität: Eroberung des urbanen Luftraums?

Flugtaxis bieten die Möglichkeit, neue klimafreundliche und emissionsarme, intermodale Verkehrskonzepte zu etablieren. Zudem kann diese neue Art der Mobilität dazu beitragen, der Enge der Innenstädte zu entfliehen. Neben technologischen und rechtlichen Fragestellungen spielt jedoch vor allem die gesellschaftliche Akzeptanz eine erfolgsentscheidende Rolle, die aber aktuell noch zu den großen Unbekannten zählt. Mit der neuen »Akzeptanzstudie FlyingCab – Urban Air Mobility aus Sicht der Nutzer« bringen unsere Wissenschaftler*innen Licht ins Dunkel und erforschen gemeinsam mit der Volocopter GmbH ein innovatives Flugtaxi-Konzept aus Sicht der Nutzenden. Auch Vertrauen in diese Form der Mobilität spielt eine maßgebliche Rolle bei der gesellschaftlichen Akzeptanz, erklärt unsere Wissenschaftlerin Karin Bobka in ihrem Blogbeitrag »Vertrauensvoll abheben: Wie Flugtaxis unsere Mobilität revolutionieren können«.

5. Transformation in der Automobilindustrie

Dekarbonisierung ist ein Schlagwort, das der Automobilindustrie eiskalt ins Mark gefahren ist. Denn sie steht vor dem größten Umbruch ihrer Geschichte. Die technologischen Zukunftsfelder der Automobilindustrie, zu welchen ohne Zweifel die Elektrifizierung des Antriebsstrangs, die Automatisierung von Fahrfunktionen sowie die Vernetzung der Fahrzeuge zählen, erfordern neue Kompetenzen und Wertschöpfungsanteile bei traditionellen Herstellern und Zulieferern. Vor zwei Jahren haben unsere Wissenschaftler*innen dazu die Studie »ELAB 2.0. Wirkungen der Fahrzeugelektrifizierung auf die Beschäftigung am Standort Deutschland« vorgelegt und die Auswirkungen auf die Beschäftigung durch diesen Transformationsprozess untersucht. Es braucht diese wissenschaftlichen Erkenntnisse, um den Strukturwandel erfolgreich gestalten zu können. Unsere Forschungsteams arbeiten weiter daran, die Innovationschancen für die Automobilindustrie auf dem Weg zur nachhaltigen und digitalisierten Mobilität sichtbar zu machen.

Fazit: Die Zukunft kommt nicht über uns, wir können diese gemeinsam gestalten

Diese fünf Ansätze verdeutlichen, dass es viele verschiedene Lösungsansätze gibt, wie wir die aktuellen und kommenden Herausforderungen gemeinsam gestalten können. In eine Angststarre zu verfallen oder Schuldzuweisungen zu betreiben, schafft keine Lösungen. Wir möchten durch transparente Wissenschaftskommunikation zum einen zeigen, dass wir anhand von Szenarien und Studien sowie mit erprobten und systematischen Methoden die Zukunft zwar nicht voraussagen, uns aber auf alle möglichen Eventualitäten einstellen können. Zum anderen sehen wir die Rolle der angewandten Forschung darin, Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zusammenzubringen, um gemeinsam den Wandel in der Welt mitzugestalten und Antworten auf die Frage »Wie wollen wir leben?« zu bieten.

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Yeama Bangali

Yeama Bangali ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Team Quantencomputing. Sie studierte Literaturwissenschaft und Berufspädagogik und machte auch beim öffentlichen Runkfunk Station. Ihr Steckenpferd ist alles rund um Kommunikation und Wissenstranfer. In ihrer Freizeit macht sie auch Musik.

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Kategorien: Future Mobility, Nachhaltigkeit, New Work / Connected Work
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